Montag, 14. September 2015

Geschichten über Geschichte: Meine drei liebsten historischen Romane



Wie man sich als Küchenmagd in einem englischen Herrenhaus, als Polizeibeamter auf Verbrecherjagd während der roaring twenties oder als Tuchhändler von Edward II. fühlt, spürte ich durch historische Romane und wurde durch ihre Buchstaben in fremde Welten gesogen. Durch sie wurden die Geschichten von Bauern, Monarchen und ganzen Staaten für mich bunt. Zwar gibt es auch bei historischen Romanen wie in jeder Buchgattung ein paar weniger gut geratene, in denen sich Prinz und Prinzessin bloß in kitschiger Weise an den Hals werfen, doch die meisten erwecken die Vergangenheit wirklich zum Leben. 

Drei meiner absoluten Lieblingsbücher sind historische Romane. 


1. Der König der purpurnen Stadt von Rebecca Gablé

Jede Geschichte von Rebecca Gablé ist vielschichtig und lebendig. Auch wenn ich den Weg eines jeden ihrer Helden gerne verfolgt habe, hat Jonah Durham einen besonders betuchten Platz in meinem Herzen. Man begleitet seinen Aufstieg von einem einfachen, von seinem Cousin drangsalierten Kaufmannslehrling zu einem der einflussreichsten Tuchhändler und Berater des englischen Königs. Jonah lebt in einer Gesellschaft, in der die Gegensätze von Reichtum und Armut extrem sind, es aber nichtsdestotrotz leicht zum Übergang von einem ins andere Extrem kommt und sich auch Jonah am Königshof und im Gefängnis bewegt. 



Der König der purpurnen Stadt erzählt von authentischen Personen aus allen Berufsgruppen und sozialen Ständen. Das Buch handelt von den Entscheidungen, die man in Liebe, Freundschaft und Karriere treffen muss und die auch heute nachfühlbar sind. Rebecca Gablé lockt einen durch ihre Worte in die farbenprächtige Welt des englischen Mittelalters und lässt einen großherzige, listige, ehrgeizige und mutige Menschen treffen, die man auch noch nach dem Zuschlagen der Seiten mit sich trägt und man gerne ein zweites, drittes und zehntes Mal besuchen kommt. 




2. Jahrhundert-Trilogie von Ken Follett

Wenn auch das englische Mittelalter sich  im heutigen Leben nicht direkt widerspiegelt, braucht man nur mit offenen Augen durch die Städte laufen, um die Schrammen und Kratzer des 19.Jahrhunderts mit all seinen heißen und kalten Kriegen auf den Bauwerken zu sehen. Dieses Jahrhundert war so gefüllt von Grausamkeiten, rasantem wissenschaftlichem Fortschritt und Mauern, die durch Länder, Städte und Köpfen gebaut worden sind. Wie  all dies entstanden ist und sich entwickelt hat, kann man in Geschichtsbüchern und Museen lernen.

Komme ich auf diese Weise mit geschichtlichen Ereignissen in Kontakt, bleiben die Ereignisse oft in meinen Gedanken hängen und beschäftigen mich rational. Im Nachhinein mögen es Staaten sein, die handeln, Kriege führen und Verträge schließen. Doch was ist mit den einzelnen Menschen der Zeit? Wer hat Entscheidungen mitgetragen, ein Gewehrzug abgedrückt und eine Hand in friedlicher Absicht ausgestreckt und was waren seine Gründe?

Ken Folletts Protagonisten sind Adelige und Diener, Spione und Soldaten, Mütter und Söhne. Sie stammen aus Deutschland, Großbritannien, den USA und Russland und machen durch ihre individuellen Erlebnisse auch die Entscheidungen ihrer Nationen nachvollziehbar. Oftmals sind sie bei den wichtigsten Momenten der Weltgeschichte beteiligt und geben selbst oft Anstoß zu großen Entwicklungen.

Auf einmal sieht man nicht mehr nur die Schlachtfelder, Friedensmärsche und geheimen Regierungssitzungen der vergangenen Jahrzehnte, sondern spürt auch all die sie begleitenden Emotionen. Das abstrakte Faktenwissen, das ich bereits über das 19.Jahrhundert mehr oder weniger genau besaß, wurde überspült von Zorn, Hoffnung, Ungewissheit, Schmerz und Freude. Nach drei Romanen hat man dieses Jahrhundert ein gutes Stück mehr erfahren und emotional erfasst.



3. Der nasse Fisch von Volker Kutscher

Meine Abschlussempfehlung bildet Der nasse Fisch von Volker Kutscher, ein Kriminalroman für alle Krimiliebhaber.  Im Berlin der zwanziger Jahre versucht der aus Köln in die Hauptstadt versetzte Gereon Roth einen Mordfall zu lösen und ermittelt dabei in den berüchtigten Nachtklubs, Berliner Hinterhöfen und sogar in seinem eigenen Keller auf der Such nach einem mysteriösen Russen.

Während Kommissar Rath in der Stadt unterwegs ist, spürt man ihren Puls durch das Papier, ein schnelles, adrenalingeladenes Pochen. Die Ordnung der Kaiserjahre ist vorbei, die Gegenwart fragil und umkämpft. So ist nicht nur der zu lösende Mordfall fesselnd, sondern auch die gesellschaftlichen Umbrüche ziehen einen in ihren Bann.

Auch dieses Buch öffnet das Fenster in die Vergangenheit und ermöglicht einen Einblick in die Berliner Polizei, die sich hastig wandelnde moderne Großstadt und ihre ideologischen Kämpfe. Und erneut hat man als Leser am Ende nicht mehr Fakten, sondern besonders das Zeitgefühl in sich aufgesogen. 

 Habt Ihr auch Bücher, die Euch durch die Zeit tragen? 


Alles Liebe 
Eure Juli

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